Am 15. Mai 1939 erreichte der erste Transport mit 800 weiblichen Häftlingen das Konzentrationslager Ravensbrück. Nördlich von Berlin war das Lager 1938 in der unmittelbaren Nachbarschaft des beliebten Luftkurortes Fürstenberg errichtet worden.

Während der nationalsozialistischen Herrschaft existierten insgesamt zehn Lager, in denen Frauen in separaten Abteilungen inhaftiert waren. Doch Ravensbrück war in seiner fast sechsjährigen Existenz das einzige für Frauen bestimmte Konzentrationslager des nationalsozialistischen Deutschen Reiches.

132.000 Frauen aus über 40 Nationen wurden zwischen Mai 1939 und April 1945 nach Ravensbrück und seine Nebenlager verschleppt.

In Organisation, Aufbau und Funktion unterschied sich Ravensbrück nicht von anderen nationalsozialistischen Konzentrationslagern. Nach der Ankunft im Lager wurden die Frauen von der SS-Verwaltung in Häftlingskategorien eingeteilt, die von der SS zudem hierarchisch gereiht wurden. Jüdinnen sowie Roma- und Sinti-Frauen standen als "rassisch" Verfolgte auf der untersten Stufe dieser Hierarchie und waren der Willkür und den Vernichtungsabsichten der SS massiver ausgesetzt als alle anderen Häftlingsgruppen.

Die Bewachung des äußeren KZ-Bereiches wurde von SS-Männern der Totenkopfwachsturmbanne durchgeführt. Im Innenbereich waren Aufseherinnen als Wachpersonal eingesetzt. Ihren ständigen Schikanen waren die Häftlinge vor allem ausgesetzt. Strafen wurden äußerst willkürlich verhängt.

Die Unterbringung und Verpflegung der Häftlinge war von Beginn an unzureichend und wurde kontinuierlich verschlechtert. 1944 waren die Wohnbaracken dreifach überbelegt und die tägliche Lagerverpflegung bestand morgens aus einem Becher Ersatzkaffee, mittags und abends 1/2 Liter salz- und fettloser Suppe mit halb verfaulten Steckrüben sowie 200g Brot.

Die Häftlinge wurden Arbeitskommandos zugeteilt und mußten für SS-Betriebe und deutsche Unternehmen Zwangsarbeit leisten. U.a. profitierten Siemens, die Heinkel-Flugzeugwerke, die Deutschen Ausrüstungswerke sowie kleine Privatbetriebe in der Umgebung des Lagers davon.

In der Verwaltung des Lagerbetriebes setzte die SS für bestimmte Funktionen Häftlinge ein. Als Schreibkraft, im Krankenrevier, bei der "Lagerpolizei" oder als Block- und Stubenälteste.

Für die Überlebenschancen der Häftlinge war es oft entscheidend, einer Bezugsgruppe anzugehören. Neben der solidarischen Hilfe konnten Frauen in einer Gruppe eher Widerstand leisten.

Das Krankenrevier des Lagers war ein Ort des Quälens und Sterbens. Das medizinische SS-Personal führte an Häftlingen Sterilisationen und Abtreibungen durch, mißbrauchte viele Frauen für medizinische Versuche und selektierte kranke und geschwächte Häftlinge.

Die SS zwang Häftlinge auch zur Prostitution in SS-, Wehrmachts- und KZ-Häftlingsbordellen.

Nicht alle Häftlinge waren erwachsene Frauen, auch Kinder und Jugendliche wurden in Ravensbrück gefangengehalten. Sie waren mit ihren Müttern in das KZ deportiert worden oder kamen im Lager zur Welt.

1941 wurde in einem abgetrennten Bereich ein Männerlager eingerichtet. 20.000 Häftlinge waren bis Ende April 1945 dort inhaftiert.

Im Frühjahr 1942 begann auch in Ravensbrück der systematische Mord an Jüdinnen, Roma- und Sinti-Frauen. Bis Ende 1944 gingen "Schwarze Transporte" zu Vernichtungsstätten außerhalb des Lagers. Im Jänner 1945 wurde das nahegelegene "Jugendschutzlager" Uckermark teilweise geräumt und als Selektions- und Vernichtungslager verwendet. Die SS ließ die Häftlinge glauben, daß es sich dabei um ein "Erholungslager" für Kranke handelte.

1944 verschlechterten sich die Lebensbedingungen noch einmal beträchtlich. "Evakuierungstransporte" aus den östlichen Lagern und Deportationszüge mit Warschauer Frauen sowie ungarischen Jüdinnen trafen in Ravensbrück ein. Für die neuankommenden Häftlinge wurde auf dem Lagergelände ein Zelt errichtet.

Kurz vor Kriegsende gelang es dem Schwedischen Roten Kreuz, mit Reichsführer SS Heinrich Himmler über die Freilassung von Häftlingen aus deutschen Konzentrationslagern zu verhandeln. Im April 1945 wurden so auch 7.500 Ravensbrücker Häftlinge vor allem aus Skandinavien, den Benelux-Staaten, Frankreich und Polen gerettet.

Am 27. April 1945 trieb die SS 20.000 Häftlinge auf "Evakuierungsmärsche". Im Lager wurden die kranken Häftlinge ohne Strom- und Wasserversorgung zurückgelassen.

Die ersten Vorposten der Roten Armee erreichten am 30. April das Lager, denen am 1. Mai 1945 reguläre Einheiten folgten und das Frauen-Konzentrationslager Ravensbrück endgültig befreiten

Für viele Frauen kam aber selbst die sofortige Hilfe zu spät, sie überlebten die Folgen ihrer KZ-Haft nicht.

Zehntausende wurden im Konzentrationslager Ravensbrück ermordet. Die genaue Zahl der Frauen, Kinder und Männer, die in Ravensbrück sterben mußten, läßt sich nicht mehr ausmachen. Der Großteil des Beweismaterials wurde von der SS verbrannt.

Ein Teil der MörderInnen von Ravensbrück stand 1946/47 im Nürnberger Ärzteprozeß und 1948 in Hamburg vor Gericht. Das führende SS-Personal von Ravensbrück wurde zum Tode verurteilt, die unteren SS-Ränge wurden zu mehrjährigen Gefängnisstrafen verurteilt, allerdings größtenteils vorzeitig entlassen.

Seit 1959 existiert die Nationale Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück. Das ehemalige KZ-Gelände wurde vom sowjetischen Militär umgebaut und bis 1994 als Kaserne genutzt.